Aunty und erste Dates- Gleichberechtigung und die Anderen

Ich sass letztens in einem Kaffee mit Antoine und unser Gespräch führte uns zu der ältesten Frage, die es in der Dating-Welt gibt. Die Frage ist so alt, dass ich sicher bin, dass sie bereits in der Antike gefallen ist. In der Zeit, als Kleopatra und Cäsar Bacchanalien feierten, was nichts anderes bedeutet als ein Trinkgelage, versteckt in einem lateinischen Wort. Bacchanalien, die Art und Weise, im alten Rom wilde Partys zu feiern. Im Zauber der Dunkelheit wurde hinter dem Kolosseum über pornografische Wandmalereien gesprochen und mit wem man als nächstes eine aufregende Nacht erleben könnte. Während ausgelassen gefeiert wurde, sassen sich Kleopatra und Cäsar gegenüber und lernen sich bei einem guten Glas Wein kennen. Wird sie ihren Bruder für ihn verlassen? Kann er eine weitere Trophäe klar machen? Die Stimmung wechselt zwischen Aufregung und Anspannung. Der finale Twist kommt, als ein Bediensteter an den Tisch tritt und kommentarlos die Rechnung hinlegt. Und jetzt? Wer bezahlt?

Dieselbe Frage liegt bei mir und Antoine in der Luft, wobei gesagt werden muss, dass es nicht unser erstes Date ist. Ich zücke das Portemonnaie und bestehe darauf, zu bezahlen, wobei Antoine dasselbe tun möchte. Der Kellner wendet sich zu mir mit der Aussage: «Es ist schön, eine Frau bezahlen zu sehen».

Okay, mit diesem Kommentar habe ich nicht gerechnet.

Die Aussage des Kellners war bestimmt freundlich gemeint und sie entstand aus seinen täglichen Erfahrungen. Ich stelle mir vor, dass er tagtäglich Paare sieht, welche ihr erstes Date haben. Die Spannung steigt, wenn die Rechnung gefordert wird. Und jedes Mal ist es der Mann, der als Zeichen guter Etikette, das Bezahlen übernimmt. Und jedes Mal stirbt etwas in der Seele des Kellners, ein Stückchen mehr.

So oft hat er sich gewünscht, dass eine Dame das Portemonnaie zur Hand nimmt, als Ausdruck lebendiger, existierender Gleichberechtigung. Sehnsüchtig hat er auf ein Zeichen gewartet, welches das Ende des Patriarchats bedeutet. Einem Moment, in welchem es sich endlich gelohnt hat, dass unsere weiblichen Vorgängerinnen ihre BHs auf der Strasse verbrannt haben. Diese eine Geste, welche den nächsten grossen Schritt signalisiert, nach dem Einführen des Frauenstimmrechts. Oftmals wurde er enttäuscht, bis zu dem Tag, an welchem sich alles änderte. Als ich, eine einfache Frau, aus freiem Willen entscheidet, für den Cappuccino ihres männlichen Gegenübers zu bezahlen.

Ich nehme die Aussage schmunzelnd an. Und doch bleibt ein Stück Kritik daran hängen. Müsste diese nicht damit gekontert werden, dass es Heutzutage nicht mehr darauf ankommt, wer bezahlt?

Und bevor jetzt Menschen mit einer anderen Meinung empört mit dem Finger auf mich zeigen, weil es sehr wohl darauf ankommt, wer bezahlt, zähle ich im Argumentationsstrang mit.

Aktueller Punktestand:  

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Doch selbst wenn es keine Rolle mehr spielt. Es lässt das Entscheidungsverfahren offen. Und ich fange den Diskurs nicht damit an, dass die Frage früher einfacher zu beantworten war. Denn ja, früher waren Geschlechterrollen gegeben. Doch bei dieser Herleitung schläft mir das Gesicht ein, selbst wenn der Text von mir kommt.

Cäsar und Kleopatra sind Geschichte und aktuell tobt die Demoversion einer Apokalypse. Vergleiche werden hinfällig. Lass uns die Zeit also auf zukünftiges Richten, wenn Restaurant- und Barbesuche ihren Weg zurück in den Alltag finden. Oder hast Du etwas Besseres vor? Also Kiddo:  «Wer bezahlt beim ersten Date?»

Gemäss Schweizer Knigge, ist die Frage schnell und simpel beantwortet. Diejenige Person, welche zum Kaffee oder Abendessen einlädt, bezahlt auch. Voilà, Problem gelöst. Wäre da nicht die kleine Sache des kulturellen Unterschieds. Es ist aus einem bestimmten Grund der Schweizer Knigge und nicht der Universal-Allgemein-Gültige-Weltknigge. Fragst Du jemanden aus Russland oder Brasilien, wer beim Ersten Date bezahlt, wird die Antwort sein: «Der Mann».

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Befinden wir uns also in einem Land wie der Schweiz, in welchem verschiedene Nationalitäten aufeinandertreffen, ist die Konstellation mitentscheidend.

Heterogene Bevölkerungsgruppen sind wirklich anstrengend und kompliziert, so nebenbei gesagt..

Was auch der Beweis ist, dass es nicht nur darauf ankommt, ob Frau und Mann gleich entlöhnt werden. Was bis heute nicht auf die Reihe gekriegt wurde. Vielleicht sollte bis zum Tag X gänzlich darauf verzichtet werden, als Frau eine Rechnung im Restaurant zu bezahlen. Als Zeichen des Protests und Solidarität.

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Und zur Klarstellung: Es hat durchaus seine Gründe, warum Andere an diesen Strukturen festhalten. Es gilt an Dir zu entscheiden, sie zu verstehen oder nicht. Und was Du daraus machst.

Kultur ist Teil der Identität und prägt viele Teile des Seins. Dies lässt sich bereits an der Entstehungsgeschichte des Knigges erkennen. Der Ursprung findet sich bei Adolph Freiherr von Knigge, deutscher Schriftsteller, Aufklärer und godfather of Benimmregeln. Er entschied 1788 das Buch «Über den Umgang mit Menschen» herauszubringen. Als Mitglied des Illuminatenordens verfolgte er den Gedanken, dass es keine Herrschaft von Menschen über Menschen geben sollte. So wollte er den Menschen, aus soziologischer Sicht, Umgangsformen mitgeben. Kurz gesagt fand Herr Knigge: «Lasst uns in Anarchie leben, vorher aber noch ein paar Regeln aufstellen». Wenn das nicht eine deutsche Vorgehensweise ist, dann weiss ich auch nicht.

Sein Ursprungsgedanke ging etwas verloren. Anstatt eine Revolution anzuzetteln, hat er massgebend zum Wissen beigetragen, wie ein Tisch richtig gedeckt wird.

Und doch hat er es geschafft, dass ich mich heute auf seinem pragmatischen Ansatz stütze: «Wer einladet, bezahlt». Gut gemacht. Doch frage ich Dich ketzerisch, welcher Teil ist es denn, welcher zu einem Date einladet?

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Wie auch immer Du dich entscheidest. Wichtig sind deine Beweggründe. Aber komm bitte nicht mit dem Argument, ich bezahle, sonst bin ich meinem Gegenüber etwas schuldig. Wenn Du Dich für Sexarbeit entscheidest, dann muss mehr als ein Abendessen drinliegen. Umgekehrt ist dein Gegenüber zu nichts verpflichtet. Ein Mann muss sich nicht schuldig fühlen, wenn er dir nicht den ganzen Abend finanziert.

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Aus eigener Erfahrung lohnt es sich, situationsbedingt zu entscheiden. So habe ich an einem Date die Rechnung entspannt übernommen. An einem anderen beende ich die Liaison, weil mein Gegenüber nach einem gemeinsamen Wochenende die Hotelrechnung nicht übernehmen will. Ich hatte meine Gründe. Selbstbestimmung und persönliche Dealbreaker nenne ich das.

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Wir beide wissen, dass ich noch ewig so weiter argumentieren könnte. Und egal, wen ich gewinnen lasse (es wäre die Gleichberechtigung), wirst Du Deine eigene Meinung dazu haben. Und das solltest Du auch. Ich hoffe, Aunty konnte Dich darin zum Nachdenken bewegen.

Und falls Du Dich fragst, wer bei Antoine und mir eigentlich beim ersten Date bezahlt hat. Natürlich Antoine! Und in Italien hätte der Mann niemals zugelassen, dass Aunty ihr Portemonnaie zückt. Frechheit.

In dem Sinne, stay safe and have fun.

Stokar, C. (2019). Der Schweizer Knigge. Was gilt heute? Zürich: Ringier Axel Springer Schweiz AG.

Ruppert Lena (05. September 2017). Knigge: Die Geschichte hinter den Benimmregeln. [Web Log Eintrag]. Abgerufen am 15.Dezember 2020 von https://web.de/magazine/wissen/knigge-geschichte-benimmregeln-32479112

Wikipedia (2020). Illuminatenorden. Abgerufen am 15. Dezember 2020 von https://de.wikipedia.org/wiki/Illuminatenorden

Youtube. (28. Januar 2016) Who pays on the first date around the world? [Videodatei]. Abgerufen am 15. Dezember 2020 von https://www.youtube.com/watch?v=CdCGpnc6_1Q

Youtube. (05. Juni 2016) Who pays on a first Date. Matthew Hussey- Get the Guy. [Videodatei]. Abgerufen am 15. Dezember 2020 von https://www.youtube.com/watch?v=71o3hq6iSPM

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